Was sie soll Woher sie kommt Was sie ist Wie sie läuft Wer was wie macht Wie es sein wird |
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Wäre die Reitschule vor elf Jahren nicht von uns - der Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule - besetzt worden, sie stünde vermutlich
noch heute leer. Hätte die Stadt in den letzen Jahrzehnten regelmässiger Geld für den Gebäudeunterhalt in die Reitschule gesteckt,
so wären heute keine Millionen für die Renovation notwendig. Dies die historischen Tatsachen. Die IKuR hat in diesen elf Jahren gezeigt, dass sie die Verantwortung für den Betrieb, aber auch für das Gebäude wahrnehmen kann und will. So wurde 1988 extra eine Genossenschaft gegründet - die Bakikur -, mit dem einzigen Zweck, «sich einer etappenweisen, sanften Sanierung der Bausubstanz und der allgemeinen Infrastruktur der Reitschule Bern zu widmen». Von verschiedenen Seiten (Denkmalpflege, Stadtrat usw.) wird denn auch immer wieder betont, dass der heute schlechte bauliche Zustand der Reitschule noch viel schlechter wäre, wenn die BenutzerInnen die gröbsten baulichen Mängel nicht fortlaufend zu Beginn in Eigenregie und mit eigenen Mitteln, später in Zusammenarbeit mit dem städtischen Hochbauamt und finanziert durch den alljährlichen Unterhaltskredit der Stadt, behoben hätten. Das war aber nur möglich, weil wir ein direktes Verhältnis zu unseren Freiräumen haben. Zerstört wird in der Reitschule nicht. Es sind mehr verbindende Löcher und weniger Mauern zwischen den Zimmern, neue Treppen und Durchgänge entstanden. Bis jetzt ist die Hochsicherheitsschliessanlage nicht notwendig, und die Türen sind immer noch aus Holz. In der Reitschule ist nicht jeder Zentimeter verbaut und verplant - das ist eine der Qualitäten, eines der Potentiale. So soll denn die Renovation auch unter Mitsprache und Mitbestimmung der IKuR realisiert werden. Wir haben ein Verhältnis zum Raum, das in elf Jahren gewachsen ist. Wir wissen, wo was renoviert oder ersetzt, wo etwas Neues entstehen, wo etwas Altes stehen gelassen werden soll. Wir wissen, wie aus einem Pferdestall ein autonomes Begegnungs- und Kulturzentrum gebaut werden kann. Geschichte Die «Städtische Reitschule» auf der Schützenmatte wurde 1895-97 errichtet - als Ersatz für die Reitschule am Unteren Graben, die dem Neubau des Stadttheaters weichen musste. In ihrer Gesamtanlage stellt die Reitschule ein schutzwürdiges Objekt von hoher Bedeutung dar. Diese Einschätzung, die Ende der achtziger Jahre in zwei Gutachten ausdrücklich bestätigt wurde, wird heute kaum mehr in Frage gestellt. Während Jahrzehnten herrschte in den Reitschulgebäuden ein lebhafter, vielfältiger Betrieb. Zum einen diente sie dem Reitsport; zum anderen fanden in der grossen Reithalle auch Volksversammlungen, Zirkusvorstellungen, Gewerbeausstellungen und ähnliche Grossanlässe statt, denn diese war von Anfang an als eigentliche «Mehrzweckhalle» gedacht. In den fünfziger Jahren wurde der Reitbetrieb - vor allem die Ausritte - wegen des zunehmenden Strassenverkehrs immer problematischer, und die kulturellen und politischen Aktivitäten verlagerten sich an andere Standorte. Seit 1964 galt die Reitschule als Abbruchobjekt. Anfang der achtziger Jahre wurde sie für eine neue Nutzung entdeckt: 1981/82 entstand hier das autonome Jugendzentrum AJZ. Nachdem die Reitschule rund sechs Jahre leerstand und zeitweise polizeilich bewacht wurde, stellte der Gemeinderat im Dezember 1987 der Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule IKuR die Gebäude für kurze Zeit zur Nutzung als alternativen Kulturort zur Verfügung. Aus einem auf wenige Wochen befristeten Experiment wurde ein Dauerzustand, der noch immer anhält. Frühling 96: Der Stadtrat heisst den von der IKuR nach dem Modell Bauhütte geforderten 1,48 Millionen Franken Kredit, mit dem in einer ersten Etappe das Wohnhaus- und das Dachstockdach renoviert werden sollen, gut. Eine bürgerliche Fraktion, insbesondere Erika Siegenthaler (SVP), legt Beschwerde gegen den Entscheid ein und fordert ein neues Nutzungskonzept und eine Gesamtsanierungsabstimmung über rund 12 Millionen Franken. Dem Gemeinderat wird Salamitaktik vorgeworfen, von Einheit der Materie ist die Rede. Mit der «Einsprache-Strategie» wird versucht, die BetreiberInnen der Reitschule auszumanövrieren und den Renovationskredit zu einer Abstimmung über den Betrieb zu machen. Herbst 96: Der Gemeinderat legt dem Stadtrat einen Projektierungskredit für die Reitschul-Renovation in der Höhe von 425´000 Franken vor. Der Stadtrat will jedoch den Entscheid über die Gemeindebeschwerde von Siegenthaler abwarten. Januar 97: Die Beschwerde von Erika Siegenthaler wird gutgeheissen. September 97: Der Stadtrat spricht nun den Projektierungskredit über 480´000 Franken. Herbst/Winter 97/98: Die IKuR und die Stadt setzen sich in einer Projekt- und in einer Planungsgruppe zusammen, um das Renovationsvorhaben gemeinsam zu konkretisieren. Frühling 98: Die beauftragten ArchitektInnen legen ein Bauprojekt vor. Damit ist die Planung soweit abgeschlossen und könnte dem Gemeinde- und dem Stadtrat vorgelegt werden - wäre da nicht die SiegenthalerŐsche Initiative «Reithalle für alle». Wegen des neuen Verhinderungsprojekts aus SVP- und Entente Bernoise-Küche (das übrigens in der Folge in erster Instanz als ungültig erklärt wird) will die Stadt die Renovationsplanung nicht wie vorgesehen im Herbst 98 den Stimmberechtigten vorlegen. Das Projekt wird vertagt - auf einen noch unbekannten Zeitpunkt. Herbst 98: Die ersten Erfahrungen mit der Mitsprache und Mitbestimmung der IKuR bei der Planung sind zwiespältig. Das meiste, was die IKuR verlangte, hat sie auch erreicht. Aber nur, weil sie insistiert hat «bis zum Geht-nicht-mehr». Und trotzdem: Die Reitschule soll in engster Zusammenarbeit zwischen Stadt und IKuR renoviert werden. Die IKuR verlangt, dass der Renovationskredit spätestens im Frühling 1999 zur Abstimmung kommt und das «Bauhütte»-Modell, wie sie es ausgearbeitet hat, bei der Renovation zur Anwendung kommt. Ziele Primäres Ziel der Renovation der Reitschule ist natürlich, dass die Gebäulichkeiten nicht noch mehr Schaden nehmen, dass nicht noch grössere Teile der Bausubstanz «vor die Hunde gehen». Dabei soll eine massgeschneiderte, charaktervolle Hülle für den «Schattenkulturort» entstehen - mit kollektiven Entscheiden, die andere Bauresultate ergeben als «Stararchitektur». Wir wollen die Selbstbestimmung nicht nur in Strukturen, sondern auch am Gebäude und an der Umgebung umsetzen. Das nun vorliegende Projekt sieht vor, in einer ersten Etappe die Gebäudehülle (Dächer und Fassaden) aller Gebäude zu renovieren, um die Gebäudesubstanz nachhaltig zu schützen. Im Innern sollen mit Umbauten und Erneuerungen die bauliche und betriebliche Infrastruktur und die Sicherheitseinrichtungen verbessert und den Vorschriften angepasst werden. Weiter soll der Zugang zur Reitschule einladender gestaltet werden. In einer späteren Etappe soll das abgebrannte Obergeschoss der Remise West wieder aufgebaut (evtl. mit Architekturwettbewerb), die Infrastruktur der Grossen Halle ausgebaut und allenfalls ein Grundstock an Betriebseinrichtungen angeschafft werden. Bei all den Renovationsarbeiten gelten unter anderen folgende Grundsätze, die die IKuR zusammen mit der Stadt erarbeitet und genehmigt hat: ¬ Es soll nur das Nötigste geändert oder renoviert werden, dies aber nachhaltig; ¬ der Freiraum Reitschule bleibt trotz Renovation erhalten; ¬ es wird kein «blüemlets Trögli» entstehen, die Gegenwart darf und soll sich weiter entfalten; ¬ die Räume sollen nutzungsunabhängig renoviert werden, ebenso werden die Installationen nutzungsneutral geplant; ¬ die Umgebung - Vorplatz und Schützenmatte - werden in die Renovation miteinbezogen, der Eingang beispielsweise einladender gestaltet; ¬ soweit und wo möglich sollen alternative Energien genutzt werden; ¬ es wird ökologisch gebaut und renoviert. |
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