megafon-Artikel 7/99: Nachlese zur Abstimmung 5/99: Die Abstimmung 12/98: Das Bauhüttenmodell 5/98: Die Salami am Stück 12/97: Renovation oder Verlotterung 2/97: Beschwerde gegen Sanierungskredit |
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Der Kredit für bauliche Sofortmassnahmen für die Reitschule kommt nicht. Regierungsstatthalter Andreas Hubacher (SVP) hat die
Beschwerde der SVP-Stadträtin Erika Siegenthaler angenommen. Das bedeutet, dass ohne Volksabstimmung kein Geld mehr in die Sanierung
fliesst. Was der Gemeinderat und die RGM-Parteien jetzt unternehmen wollen, ist noch nicht bekannt. In der Reithalle ist das Sanierungsprojekt
ohnehin umstritten, da es die Nutzung in jedem Fall tangieren wird und Eigenleistungen in Form einer «Bauhütte»
keineswegs garantiert sind. Erika Siegenthaler (SVP) schlug im Oktober 1995 anlässlich der Stadtratsdebatte über die Sanierungsvorlage für die Reithalle vor, die Reitschule im Baurecht an einen oder mehrere kommerzielle NutzerInnen abzugeben, die zum Beispiel in der Grossen Halle einen Grossverteiler betreiben, Arztpraxen, Therapieräume und Wohnraum einrichten und auch für ein Kino und ein Restaurant sorgen würden. Diese Nutzung, so schätzte sie, würde pro Jahr 120 000 Franken abwerfen. Weder der Grossverteiler noch andere Investoren bemühen sich aber momentan um das Reitschulareal. Investitionsfreudigen stehen in der Stadt Bern Unmengen von leerstehendem Gewerberaum offen und in den nächsten Jahren werden sich noch zusätzliche Gelegenheiten bieten, zum Beispiel mit dem Masterplan. Weshalb also führte Erika Siegenthaler die Beschwerde gegen den Entscheid des Stadtrates, eine erste Tranche von 1,49 Mio Franken für die Sanierung der Reitschuldächer ohne Volksabstimmung zu bewilligen? «Mit jeder Summe wird die Nutzung festgeschrieben» sagte die damalige Baudirektorin Theres Giger (FDP) in der gleichen Stadtratssitzung und verteidigte damit das Vorhaben des Gesamtgemeinderates, die Sanierung als Gesamtpaket vors Stimmvolk zu bringen. Wenn in die heutige Nutzung investiert werde, dann stehe nicht morgen plötzlich ein Grossverteiler da. Natürlich geht es auch Siegenthaler um die Nutzung - und nur um sie. Die ganze formaljuristische Argumentation bezüglich der «Einheit der Materie», die gewahrt werden und deshalb die Sanierungen als «ideelles Ganzes» behandelt werden müsse war nur ein Mittel zum Zweck: Die Volksabstimmung, die über die Nutzung der Reitschule entscheidet, egal, wie auch immer die Vorlage heissen wird. Bürgerliche Parteien und Gewerbelobby: Siegessicher? Wer regiert die Stadt Bern? Die Rot-Grün-Mitte-Regierung? Nein. Die Burgergemeinde und der Gewerbefilz. Erika Siegenthaler, Hauseigntümerverbandssekretär Daniel Rutsch und die übrigen Beschwerdeführer gehören zu dieser Stadtelite. Ihnen kommt eine Reitschulabstimmung gelegen. Sie haben sich in letzter Zeit fleissig darin geübt, einen emotional beladenen Sauberkeitsdiskurs zu führen und ihn zum Thema Nummer 1 gemacht. Die Definitionsmacht, was für eine Stadt wichtig ist, haben sie, wenngleich die politischen Kräfteverhältnisse auf dem Papier, bzw. im Stadt- und Gemeinderat anders sind. Wer also lauter schreit, bzw. wer mehr Geld in eine Kampagne stecken und mehr Kanäle (BZ, Berner- und TeleBärn ua.) aktivieren kann, gewinnt. 1990 hat die Reitschule gewonnen. Weshalb eigentlich? Weil es damals noch eine Bewegung gab, die während Jahren die Stimmung in der Stadt beinflusste? Weil sich die linken Parteien für die Reitschule engagierten - da es ihnen schliesslich bei den Wahlen wieder zugute kommen würde, dass sie die Themen der Bewegung aufnahmen? Die Analyse ist schwierig, ebenso die Prognose für eine nächste Abstimmung. Fest steht, dass es um die ganze Reitschule gehen wird, wie sie heute besteht. Was tun? Die BetreiberInnen haben nicht viele Möglichkeiten. Die Abstimmung zu verhindern versuchen? Abgesehen davon, dass die Dächer dadurch auch nicht dichter werden, würde dies den Druck auf die Reitschule kaum mindern. Die Abstimmung ignorieren? Das hiesse, eine bewährte Reitschul-Strategie fortsetzen: Abwarten und schauen, was passiert. Voll in den Abstimmungskampf einsteigen? Das zehnjährige Jubiläum der IKuR und das hundertjährige des Gebäudes liesse sich sicherlich umsetzen. Gleichzeitig wäre dies eine Gelegenheit zur Selbsdarstellung und letztlich zur Öffnung. Laufende Diskussionen um Professionalisierung des Betriebes und um neue Strukturen können öffentlich gemacht und die laufenden Veränderungen des Projekts Reitschule nach aussen erklärt werden. Auf der anderen Seite müssten wahrscheinlich Konzessionen gemacht werden. Zur Reitschule und ihrer zehnjährigen «Tradition» zu stehen, hiesse nämlich, allen in Erinnerung zu rufen, dass das Areal ursprünglich einmal besetzt wurde und bis heute für viele ein Ort ist, wo Widerstand organisiert und gelebt wird. Damit einen Wahlkampf führen zu wollen wird wohl niemand ernstlich vorhaben. Grosse Halle: Vereinbarung o.k. Nicht durchgekommen ist Siegenthaler mit ihrer zweiten Beschwerde, welche gegen die Vereinbarung zwischen dem Gemeinderat und dem Trägerverein der Grossen Halle getroffen wurde. Sie kritisierte, dass im Rahmen der bis ins Jahr 2000 dauernden Zwischennutzung auch bauliche Massnahmen vorgesehen seien. Jene sah der Regierungsstatthalter aber als zu geringfügig an, als dass sie ebenfalls zum «ideellen Ganzen» der Gesamtsanierung gehören würden. cb |
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