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... und es kam doch, wie es kommen musste
 
Sanierungskredit für die Reitschule am 13. Juni 1999 an der Urne

Die Würfel sind gefallen. Wenn auch noch nicht ganz alle. Der Gemeinderat hält daran fest, am 13. Juni die Abstimmung über eine erste Sanierungsetappe der Reitschule durchzuführen. Den Entscheid des Regierungsstatthalters, die Initiative «Reitschule für alle» für abstimmungswürdig zu erklären ficht der Gemeinderat hingegen beim Regierungsrat an.

Am Abend des 8. April schien alles klar. Mit überdeutlicher Mehrheit heisst der Stadtrat die vom Gemeinderat ausgearbeitete Sanierungsvorlage gut und macht so den Weg frei für eine Abstimmung über 7,74 Millionen Franken für die Sanierung der Dächer, der Gebäudehülle sowie gesetzlich vorgeschriebene Innenumbauten. Selbst aus dem bürgerlichen Lager waren engagierte Voten zugunsten des Kulturzentrums zu hören. Zu diesem Zeitpunkt schien sich niemand für die beim Regierungsstatthalter hängige Beschwerde gegen die gemeinderätliche Ungültigkeitserklärung der SVP/«Entente Bernoise»-Initiative «Reitschule für alle» zu interessieren. In seinen Ausführungen zur Sanierung geht der Gemeinderat nur knapp auf die Initiative ein und gibt sich erfolgsbewusst. Auch wenn das Begehren, das eine kommerzielle Nutzung des Reitschul-Areals fordert (siehe auch megafon Nov. 1997), beim Regierungsstatthalter Gnade finden und entgegen der Meinung des Gemeinderats für gültig erklärt würde, hätte es keine aufschiebende Wirkung. Sonst, schreibt der Gemeinderat, «würde es (..) in Zukunft genügen, eine ungültige und rechtswidrige Initiative einzureichen, um unerwünschte Beschlüsse des Gemeinderats oder des Stadtrats zu unterlaufen.»

Wie alles anfing

Eineinhalb Jahre zurück. Ende Oktober 1997 reichte die rechts-bürgerliche und gewerbenahe Organisation «Entente Bernoise» die Initiative «Reitschule für alle» mit 5241 gültigen Unterschriften ein. Da mit dem Begehren die baurechtliche Grundordnung im Raum Schützenmatte geändert werden sollte, musste sie zur Prüfung dem Kanton vorgelegt werden. Das zuständige Amt für Gemeinden und Raumordnung AGR kam am 21. September 1998 zum Schluss, dass die Initiative nicht umweltverträglich sei und deshalb auch nicht genehmigungsfähig. Dieser Empfehlung folgte der Gemeinderat und erklärte die Initiative im vergangenen Januar für ungültig. Hauptargument: die 500 geplanten Parkplätze hätten ein Verkehrsaufkommen zur Folge, das in keiner Weise mit der geltenden Umweltschutzgesetzgebung vereinbar wäre. Auch beim Denkmalschutz sah der Gemeinderat Unzulänglichkeiten im Initiativtext. Doch damit war die Initiative noch nicht vom Tisch. Die AutorInnen des Begehrens um die Schuttmuldenunternehmerin und SVP-Stadträtin Erika Siegenthaler liessen nicht locker und reichten beim Regierungsstatthalter eine Gemeindebeschwerde gegen die Ungültigkeitserklärung ein.

Wer hätte das gedacht

Und siehe da. Nur gerade sechs Tage nach dem Stadtratsentscheid zugunsten einer Abstimmung über die erste Sanierungsetappe, lässt Regierungsstatthalter und SVP-Mitglied Andreas Hubacher verlauten, dass er die Initiative «Reitschule für alle» in ihren hauptsächlichen Teilen für gültig erkläre. Entgegen der Meinung des Gemeinderates und des AGR hat Hubacher gemäss aktueller Bundesgerichtspraxis das Begehren in seinen Hauptaussagen stehen lassen und nur die rechtswidrige Forderung nach 500 Parkplätzen für ungültig erklärt. Mit diesem unerwarteten Entscheid präsentierte sich eine ganz neue Ausgangslage. Sollte der Gemeinderat die auf den 13. Juni angesetzte Abstimmung platzen lassen und einen Entscheid über die nun teilgültigerklärte Initiative « Reitschule für alle» abwarten? Kurz: alles war wieder einmal unklar, wie schon so oft, wenn es um die Sanierung der städtischen Reitschule geht. Mehr als zwölf Jahre nach der Besetzung und der inzwischen etablierten Nutzung als autonomes Kulturzentrum, sind es immer noch dieselben Kräfte, die bei jeder Gelegenheit mit fadenscheinigen Argumenten der längst fälligen Sanierung einen Knüppel zwischen die Beine werfen.

War da nicht schon mal Hubacher?

Doch. Bereits vor etwas mehr als zwei Jahren war es das SVP-Zwiegespann Siegenthaler-Hubacher, das nach demselben Strickmuster einen Teilkredit für die nötigsten Sanierungsmassnahmen zu Fall brachte. Im März 1996 hiess der Stadtrat einen 1,489 Millionen Franken Kredit gut, der insbesondere für die Sanierung der nur notdürftig reparierten Dächer verwendet werden sollte. Siegenthaler warf dem Gemeinderat «Salamitaktik» vor, denn mit einer schleichenden Sanierung würde die aktuelle Nutzung festgeschrieben. Und siehe da, die umtriebige Gewerblerin fand Gehör. SVP-Regierungsstatthalter Hubacher, als Adressat der eingereichten Gemeindebeschwerde, folgte in seinen Erwägungen weitgehende der Beschwerdeführerin. Was sich damals als erfolgreiche Zusammenarbeit herausstellte, sollte nun zwei Jahre später wiederholt werden.
           Dass es der «Entente Bernoise» und der SVP niemals um eine andere Nutzung des historischen Gebäudekomplexes auf der Schützenmatte gegangen ist, steht ausser Zweifel. Ihnen ist die Reitschule als autonomes Kulturzentrum seit eh und je ein Dorn im Auge. Nachdem 1990 ein Abbruch an der Urne verhindert wurde, mussten sich die Gegner neu besinnen und versuchten es mit einem «mehrheitsfähigen» Volksbegehren.

Wie geht es weiter?

Eines ist nun klar. So schnell wird «Reitschule für alle» nicht zur Abstimmung gelangen. An seiner Sitzung vom 28. April hat der Gemeinderat entschieden, die Teilgültigkeitserklärung des Regierungsstathalters beim Regierungsrat anzufechten. So werden weitere Monate verstreichen, bis über den rechtsbürgerlichen Versuch die aktuelle Nutzung zu verhindern, abgestimmt werden kann. Und am 13. Juni wird, wenn es nach dem Willen des Gemeinderates geht, der erste Schritt in Richtung Sanierung der Reitschule gemacht. Dafür braucht es allerdings eine Mehrheit an den Urnen.



gru