megafon-Artikel 7/99: Nachlese zur Abstimmung 5/99: Die Abstimmung 12/98: Das Bauhüttenmodell 5/98: Die Salami am Stück 12/97: Renovation oder Verlotterung 2/97: Beschwerde gegen Sanierungskredit |
|
|||||||||||
Was es denn genau war, das schliesslich zu der Differenz von 85 Stimmen zugunsten der Reitschule geführt hat, weiss wohl niemand. Eines steht
nun allerdings fest: In und vor allem auf der Reitschule kann renoviert werden! Am Sonntagnachmittag des 13. Juni haben einige gezittert. Angesichts des unmittelbar besvorstehenden Resultats der Abstimmung über den Sanierungskredit für die Dächer und die Gebäidehülle der Reitschule wichen die lange Zeit gehegten optimistischen Einschätzungen. Bereits liessen einige die Köpfe hängen und fragten sich, wie es ohne städtischen Sanierungskredit nun wohl mit der Reitschule weitergehen werde. Siegesgewiss gab sich kaum jemand, trotzdem wurde der Champagner kaltgestellt - getrunken würde er auch bei einer Niederlage, dann wohl erst recht. Die Zeit zog sich dahin und Toni Koller vom Regionaljournal verkündete stets nur die Resultate aus Münsingen, Uetendorf und der übrigen Provinz. Dass die Reitschule einem knappen Resultat entgegensteuert, wurde auch am Sonntag mit den Horrormeldungen aus dem Zählkreis Bümpliz bestätigt. Nur die Innenstadt konnte noch mit einem guten Resultat den positiven Entschied herbeiführen. Dann endlich: Der Sanierungskredit wird... Fehlanzeige, denn auch das Kongresshaus in Biel hat eine Auffrischung nötig. So wurde es halb fünf bis die erlösende Meldung über den Äther kam: Der Sanierungskredit für die Berner Reitschule ist angenommen. Mit nur gerade 85 Stimmen ist der Ausgang der Vorlage entschieden worden - Innenstadt sei Dank. Nun konnte es losgehen. Die Korken knallten und der Sekt floss, zwar nicht in Strömen so doch in genügendem Mass um die skeptische Stimmung verfliegen zu lassen. Eine ähnliches Schicksal wie die anwesenden ReitschülerInnen, erfuhr auch die einzige Journalistin, die den Weg in die Reitschule gefunden hatte. Ihre Freude über den Entschied war dann dermassen gross, dass sie sich fast entschuldigte noch jemanden von der IKuR vor die Kamera komplimentieren zu müssen. Am liebsten hätte sie gleich selbst der Freude über den Abstimmungsausgang freien Lauf gelassen - aber das dürfe sie ja nicht als Journalistin. So nahm der angebrochene Abend bei heiterer Stimmung seinen Lauf und der Innenhof der Reitschule füllte sich allmählich. Wenigstens ein Lichtblick an diesem trüben Abstimmungssonntag, der bei vielen die seit nicht allzu langer Zeit begrabenen Auswanderungspläne wieder weckte. All jene die sich für chancenlose Vorhaben eingesetzt hatten, fanden in der Reitschule ein wenig Trost: VertreterInnen des Referendumskomitees gegen das Aslygesetz, InitiantInnen der städtischen Fuss- und Veloinitiative, sowie VerfechterInnen des neuen Wohnreglements, das ebenfalls dem Verdikt der Stimmbevölkerung zum Opfer fiel. Wenigstens eine Vorlage für die es sich einzusetzen gelohnt hatte; auch wenn in erster Linie die Stadt Siegerin ist und die Reitschule «nur» Objekt der Vorlage war. Es war keine ausgelassene Feier. Man freute sich. Emotionen vermochte das knappe Ja kaum auszulösen. Vielmehr war Erleichterung zu spüren. Entsprechend früh verzogen sich denn auch die letzten Feiernden nach Hause. So glücklich einen das Ja zu den 7,7 Millionen stimmen mag, das letzte Wort über die Nutzung ist noch nicht gesprochen. Noch immer wartet die absurde Initiative «Reitschule für alle» beim Regierungsrat in der Warteschleife. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass sie irgendwann zur Abstimmung gelangt. Ausserdem hat die JSVP beim Regierungsstatthalter Abstimmungsbeschwerde eingereicht und damit die knappe Zustimmung zum Sanierungskredit amtlich in Zweifel gezogen. Dies obwohl Stadtschreiberin Irène Maeder von Stuijvenberg höchstpersönlich für die Richtigkeit des Resultates gebürgt hatte, als JSVP Stadtrat Thomas Fuchs von einem Zufallsentscheid sprach. Sie sind schlechte Verlierer. Doch der Regierungsstatthalter ist ein Parteikamerad, der schon zwei mehr oder minder offensichtliche Gefälligkeitsentscheide zu verantworten hat. Da vertraut man eben - und hofft. Abgesehen von dem inzwischen schon fast zur Routine gewordenen juristischen Geplänkel der notorischen GegnerInnen der aktuellen Nutzung steht eines fest. Nach sieben Jahren rot-grüner Mehrheit in Stadt- und Gemeinderat und fast ebenso vielen erfolglosen Versuchen einen gangbaren Weg hin zu einer Sanierung der stadteigenen Liegenschaft zu finden, ist nun endlich geglückt was glücken musste. Die Stadt als Eigentümerin steht in der Pflicht ihre Liegenschaften zu unterhalten, wie sie dies mit ihren Renommierobjekten und den Mietwohnungen bekanntlich auch tut. Mit den knapp 8 Millionen Franken für die Renovation der Dächer und der Gebäudehülle der Reitschule kommt die Stadt günstig weg. Im Vergleich zu anderen Schweizer Städten lässt sich die Stadt Bern «ihre» alternative Kultur, auf die man bisweilen stolz ist, solange nicht allzuviele Nebengeräusche entstehen, gerade mal drei Promille der jährlichen Ausgaben für Kulturelles kosten. Oder anders: Mit den jährlichen gut 10 Millionen Franken für das Stadttheater könnte der Betriebskredit von 160 Reitschulen gedeckt werden... Nein, nein dies soll nicht als Forderung verstanden werden. Eine sanierte Reitschule in Bern reicht durchaus. Und mehr hatdie wohl provinziellste aller Hauptstädt auch gar nicht verdient. nil |
||||||||||||