Du möchtest eine Arbeit über die Reitschule schreiben?
Hier schon mal ein paar Antworten auf deine zukünftigen Fragen.

Viel Spass beim Recherchieren und für deine Arbeit!

«Mit der Besetzung der Reitschule versuchten wir, uns Freiräume zur Verwirklichung von selbstbestimmtem und solidarischem Leben zu nehmen. Die Reitschule soll ein ausserparlamentarisch linkes, politisches Zentrum einer vernetzten Bewegung in Bern und zugleich ein Ort sein, wo unsere Kultur gelebt wird. Rebellisch, unterhaltend und bewegend soll sie sein, diese Stätte – es geht darum Kritik zu üben, schonungslose Kritik an den herrschenden Verhältnissen, aber auch Kritik an uns und unseren Projekten. Wir wollen aber nicht nur Kritik üben, sondern auch Alternativen aufzeigen und umsetzen.» (Manifest 2006)

Gestern und heute

Wofür wurde die Reitschule von 1982 - 1987 gebraucht?
In dieser Zeit war die Reitschule verbotene Zone, sie wurde gebraucht, um rund um die Uhr bewacht zu werden, als Endlager für Kulissen aus dem Stadttheater, und als historisches Denkmal.

Warum genau klappte das mit dem Kulturzentrum 1981/82 nicht?
Zu wenig organisiert, nicht auf einem Konsens basierend besetzt, keine Infrastruktur, sondern einfach gebraucht, wie ein AJZ in Zürich und eine Stadtgärtnerei in Basel anfällig, als Absatzort für Drogendealer missbraucht zu werden.

Als die Reitschule 1987 erneut besetzt wurde, was waren die Ziele dieses Kulturzentrums?
Einen Ort zu schaffen für die Vermittlung einer Kultur, welche unsere politischen Inhalte reflektiert und weiterträgt, die entsprechende Infrastruktur zu erarbeiten und zusammenzusuchen, in Kollektiven und selbstbestimmt, möglichst unabhängig von der Stadt zu betreiben.

Inwiefern wurden diese Ziele bis heute verwirklicht?
Die Infrastrukturen der einzelnen Kollektive haben zum Teil mittlerweile professionelle Qualität erreicht, die Art der Kultur, die angeboten wird, entspricht – die Entwicklungen der Bereiche Publikums-Bedürfnisse und Kulturindustrie in den nahezu zwanzig Jahren einbezogen – noch immer dem gleichen Geist wie zu Beginn: Eine Kultur ermöglichen, welche sonst in dieser Stadt keinen Ort finden würde.

Falls sich die Ziele verändert haben, ist dies auf die Gesellschaft zurück zuführen, welche sich auch immer wieder verändert? Oder auf etwas anderes?
Die Ziele haben sich nicht verändert, die Bedingungen jedoch sehr. Dies lässt sich durchaus, wenn auch nicht ausschliesslich auf gesellschaftliche Entwicklungen zurückführen, ebenso wie auf ökonomische Entwicklungen. Ein grosser Bruch ist auch mit dem Inkrafttreten des Leistungsvertrags aufgetreten, als der Betrieb auf einen Schlag um einiges teurer wurde.

Was für ein Zielpublikum wollt ihr mit euren verschiedenen Angeboten ansprechen?
Ein waches, politisches, mündiges, aufmerksames, aufmüpfiges, denkendes, phantasievolles, interessiertes, kreatives, friedliches, engagiertes, geniessendes, kritisches Publikum.

Was wollt ihr dem Publikum mit eurer Kultur vermitteln?
Sie zu wachem, politischem, mündigem, aufmerksamem, aufmüpfigem, denkendem, phantasievollem, interessiertem, kreativem, friedlichem, engagiertem, geniessendem, kritischem Verhalten anregen.


Morgen

Wie sieht die Zukunft der Reitschule konkret aus?
Konkret wird sich das erst in der Zukunft zeigen. Mit dem Anfangs 2004 in Kraft getretenen Leistungsvertrag, der alle vier Jahre erneuert werden muss, ist sie jedoch als kulturelle Institution in der Stadt etabliert, und so ist zu hoffen, dass sie in Zukunft weiterbestehen wird.

Welche Massnahmen möchten Sie in Zukunft treffen, damit die Streitereien um die Reitschule begraben werden?
Die Reitschule ist nicht abgeschottet von der Welt da draussen, und bezieht in manchen politischen und gesellschaftlichen Fragen konkret Stellung. Dadurch wird sie immer polarisieren, ihren politischen Gegnern wird sie weiterhin ein Dorn im Auge sein. Dass die politischen Gegner sich der Reitschule bisher nicht entledigen konnten liegt daran, dass die vermittelten kulturellen Inhalte von einer Qualität sind, die der Reitschule weitherum Respekt verschaffen.

Wissen Sie, was die Gegner aus der Reitschule machen möchten?
Bisher ein Sportzentrum, ein Parkhaus, ein Einkaufszentrum, einen Aschenhaufen - wir wissen nicht, was ihnen noch alles in den Sinn kommen wird.

Wird die Reitschule noch mehr Aktivitäten und Veranstaltungen anbieten?
Das hängt von mancherlei Entwicklungen ab. Wer in der Reitschule Kultur anbietet, muss sich notgedrungen auch mit den Problemen in und um die gesamte Reitschule kümmern. Diese sind zur Zeit so gross, dass die Mehrbelastung dazu führt, dass einige veranstaltenden Kollektive ihre Aktivitäten eher eingeschränkt haben. Zudem sind mit dem Inkrafttreten des Leistungsvertrages die Betriebskosten für das selbsttragend funktionierende Zentrum erheblich gestiegen. Das Geld, welches früher im Rahmen von Quersubventionen in defizitäre Veranstaltungen geflossen ist, kommt nun vermehrt in Form von Steuern, Gebühren und Bewilligungen den Behörden, der Stadt zu.

Wird die Reitschule auf die gleichen «Gruppen» ausgerichtet sein?
Das Zielpublikum der Reitschule werden immer Leute sein, die ihre Grundsätze respektieren und leben. Unseren Grundsätzen unter anderemwie «kein Rassismus, kein Sexismus, keine Ausbeutung, keine Gewalt» soll auch in der Kultur, die vermittelt wird, nicht widersprochen werden, bestenfalls sind sie Teil der Botschaft. Da aber weit gehende Toleranz gelebt werden soll, gibt es auch immer wieder Menschen, die sich in der Reitschule aufhalten, denen ihre Grundsätze egal sind.

Was könnte aus der Reitschule entstehen?
Als relativ offenes Projekt ist die Reitschule immer auch abhängig von gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklungen. Dementsprechend wird sich zeigen, wie sich das in der Reitschule gelebte Gedankengut in Zukunft manifestieren wird. Was aus der Reitschule entstehen kann ist, dass sie auf dem Boden ihrer Grundsätze weiterbesteht, vielleicht immer besser organisiert sein wird, vielleicht mit noch mehr inhaltlicher Qualität.


Fragen zum Vorplatz
Zum Beispiel hier gucken: http://www.megafon.ch/html/artikel.php?IDArtikel=947 und hier http://www.megafon.ch/html/artikel.php?IDArtikel=721 oder auch hier: http://www.megafon.ch/html/artikel.php?IDArtikel=701 sonst Stichwort «Vorplatz» eingeben bei Schlagwörter unter: http://www.megafon.ch/html/archiv.php


Fragen zum Dachstock

Welche Musikrichtungen bietet ihr im Dachstock an?
Eine breite Palette, wie sie fünf bis sechs BookerInnen repräsentieren. Grundsätzlich soll im Dachstock kein Mainstream stattfinden, wir glauben, dass es nicht gute und schlechte Musikstile gibt, sondern in jedem Stil gute und schlechte Musik. Wir versuchen, dem Publikum gute Musik auf der Bühne anzubieten.

Was für ein Publikum wollt ihr mit dieser Musik ansprechen?
Ebensoviele, wie sich von der Musik angesprochen fühlen, sei es, weil sie sie kennen, sei es, weil sie Interessantes gehört oder gelesen haben, sei es, weil ihnen gefällt, was sie am Eintritt von oben hören. Neben Konzerten, welche so viele Leute anzusprechen vermögen wie die zur Zeit beliebteren Parties, gibt es solche, die ein kleines Publikum ansprechen, welches aus Leuten von überall in der Schweiz, nicht selten sogar aus dem Ausland besteht. Grundsätzlich wollen wir ein Publikum ansprechen, welches Respekt für unsere Arbeit und die Darbietung auf der Bühne aufbringt, und sich nicht daneben benimmt. (Keine Selbstverständlichkeit!)

Schaut ihr darauf, dass die Musik die im Dachstock gespielt wird, dem Publikum irgendetwas vermittelt, wofür sich auch die Reithalle selbst einsetzt? (zum Beispiel gegen Rassismus)
Da wir hinter den Grundsätzen der Reitschule stehen, schauen wir natürlich darauf, dass keine diesen widersprechenden Inhalte von der Bühne vermittelt werden. Im Idealfall denken die KünstlerInnen auf der Bühne ähnlich wie wir, staunen über unser Projekt, und fühlen sich wie zuhause. Diese Haltung ist auch oft in ihren Texten zu finden, weshalb wir sie auch hergeholt haben.

Wie regelt ihr das mit den Eintrittspreisen? Denn die Eintrittspreise sind ja verhältnismässig billig. Schaut ihr das mit der jeweiligen Band oder bestimmt ihr, wie teuer der Eintritt ist?
Der höchste Eintrittspreis von 20 Franken deckt in der Tat, je nach Gage oder Eintritten, oft die Aufwände eines Abends nicht. Wir arbeiten selbsttragend, durch Quersubventionen (Parties finanzieren Konzerte, grob gesagt ...), haben keinen wirtschaftlichen Druck, ausser, die Steuern und Gebühren für unser Tun zu begleichen, arbeiten vorwiegend aus Freude, nicht fürs Geld. Wir halten die Eintrittspreise bewusst tief, um möglichst vielen Leuten zu ermöglichen, unsere Veranstaltungen zu besuchen.


Mehr Hintergrund
Manifest der Reitschule (Was wollen wir wie machen? ; .pdf)
Infodoku über die Reitschule (Stand Mai 2005 ; .pdf)
Reitschule-Sonderheft (megafon, Zeitschrift der Reitschule vom November 2005 ; pdf)
Wer oder was gehört zur Reitschule? (aus Reitschule-Sonderheft, November 2006)
Stell Dir vor, es gibt keinen Chef und doch funktionierts – irgendwie (aus Reitschule-Sonderheft, November 2006)

Wie finanziert sich die Reitschule?

«Die Reitschule ist ein politisch-kulturelles Zentrum, das unter anderem via Kultur politische Inhalte vermittelt, eine Widerstandskultur, die die teilweise auch gewinnbringende Veranstaltungen dazu nützt, untergründiges möglich zu machen. Die politische Arbeit soll durch die kulturelle Arbeit geprägt sein und umgekehrt.»
(Manifest 2006)

(aus Reitschule-Sonderheft, November 2006)

Weitere Infos zum Herunterladen: siehe 'downloads'


Noch mehr...?

Besucht im richtigen Leben den Infoladen der Reitschule, es gibt dort mehr Material und auch sonst tolle Bücher und Zeitschriften und und..., Öffnungszeiten siehe: www.infoladen-bern.ch

Besucht virtuell das megafon, die Zeitschrift der Reitschule, siehe Archiv / Suche unter der Rubrik «Aus gutem Hause»: www.megafon.ch

Besucht die Reitschule – wir sind da!

1998 ist ein Buch erschienen über die ersten 10 Jahre Kultur- und Begegnungszentrum Reitschule Bern – immer noch schön und interessant (kann im Infoladen ausgeliehen werden): www.reitschule.ch/rbuch.html

Führungen für Gruppen und Interviews machen wir gerne, aber eher nicht grad Morgen Nachmittag, ein bis zwei Wochen müssen eingeplant werden... Kontakt am einfachsten unter: reitschule at reitschule. ch

Herzlichen Dank für dein Interesse!
Reitschule – mehr als Kultur!


Bern, im Mai/Juni 2006